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Eintrag 2: Die Achterbahnfahrt im ersten Jahr
13.10.2011 12:05Ich freue mich, euch auch im zweiten Teil meines Blogs begrüßen zu dürfen, in dem es darum geht die Höhen und Tiefen im ersten Jahr zu meistern.
Kurz nach meinem Start am Friedrichsplatz war ich der glücklichste Mensch der Welt!
Ich habe mir eine Vertrauensbasis der Kinder erarbeitet, durch Gespräche und durch Spiele und ich wurde von den Klassenlehrern eingeladen ein Teil des Teams zu sein.
Ich hatte alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe.
Nach ca einem Monat fühlte ich mich nicht mehr wie " in der Arbeit" sondern eher wie im Paradies ;-) . Ich durfte den Kindern stundenlang vorlesen,dann ging ich mit ihnen Mittagessen, anschließend machten wir Aufgabe und dann war Spielzeit.
Wenn ich jetzt zurück denke, wüsste ich nicht, was ich zu beklagen gehabt hätte.
Plötzlich, es waren ca 8 Wochen nach Schulbeginn, fingen manche Kinder an, meine Grenzen aus zu testen.
Sie checkten ab, wie weit sie bei mir gehen konnten und das war auch wichtig für unsere Gruppenfindung.
Ich stieß manches Mal wirklich an meine Grenzen dennoch versuchte ich immer mit Ruhe zu erklären was mich störte.
Wenn es vereinzelte Kinder waren, hab ich sie kurz aus der Gruppe genommen um mit ihnen alleine ein Gespräch zu suchen.
Man glaubt nicht, was man mit Worten alles erreichen kann.
Oftmal stecken hinter kleinen Aktionen große Gefühle, die es noch nicht auszudrücken vermochte.
Vielleicht werde ich auch müde belächelt aber ich habe für mich herausgefunden, wenn man mit Kindern spricht kann man alles erreichen, was einem wichtig ist!
Ich versuche bei Gesprächen immer auf Augenhöhe zu gehen, um ihnen zu zeigen, dass ich ganz bei ihnen bin mit meiner Aufmerksamkeit.
Spricht man mit ihnen sollte auch fortwährend Augenkontakt bestehen, was ja auch bei uns Erwachsenen als Zeichen von Aufmerksamkeit gilt.
Fühlen sich Kinder angenommen, entwickeln sie eine Vertrauensbasis, aufgrunddessen erzählen Kinder leichter was sie bedrückt.
Das Zauberwort für Vertrauen lautet Empathie. Ich zeige dem Kind, dass ich seine Seite verstehe, und das versuche ich wirklich.
Begreife ich, was das Kind im Moment empfindet kann ich darauf eingehen und MIT dem Kind eine Lösung suchen.
Ich lasse am Liebsten die betroffenen Kinder selbst eintscheiden, was denn für sie jetzt eine Lösung wäre. Ist dieser Vorschlag für mich verständlich und vertretbar und sind damit alle Betroffenen einverstanden, dann haben die Kinder ihr Problem selbstständig gelöst.
In meinen Augen fördert dies nicht nur ihre Selbstständigkeit sondern zeigt ihnen auch, dass sie selbst die Lösung im Kopf haben.
Weitere Wochen vergingen und irgendwie wurde die Gruppe wieder ruhiger.
Ich hatte es geschafft.
Wie?
Heute kann ich sagen wie und warum meine Gruppe so voller Energie waren.
Der Grund ihrer Euphorie war ich und meine Art Spiele etc zu präsentieren. Sie spiegelten meine Power ,die ich hineinbrachte um zu motivieren, wider. Ich konnte es nicht glauben und musste dies auf die Probe stellen.
Ich ging am nächsten Tag mit vollkommener Gelassenheit in die Gruppe. Nahm ruhig im Sitzkreis Platz und sagte kein Wort.
Es war der Wahnsinn. Angefangen haben vereinzelte Mädels, die sich zu mir kuschelten und daraufhin kamen weitere zu ihnen. In der Klasse lief mittlerweile kein Kind mehr rum alle haben uns nun bemerkt und setzten sich zu uns. Nun waren wir vollständig- und alles ohne ein Wort, ohne durch die Klasse zu schreien, toll. Dann erklärte ich, ein Spiel und versuchte dies so ruhig wie möglich.
Hmm...fast niemand wollte mit spielen...
Dann dachte ich schnell nach und erklärte es in meiner sonst gewohnten impulsiven Art und plötzlich wollten fast alle spielen.
Ich war total überrascht und mittlerweile arbeite ich nur noch so.
Will ich, dass die Gruppe leise wird, werde zu aller erst ICH ganz leise-
Umgekehrt will ich in der Gruppe Bewegung und Action, muss auch ich voll Energie auftreten!
Heute weiß ich damit um zugehen und es gezielt ein zu setzen, denn damit kann man sich viel Ärger ersparen.
Ich wollte noch unbedingt einen Erfahrung mit Ihnen teilen:
Ganz zu Beginn, war auch ich in einer "Findungsphase" und musste erst erfahren was für mich der richtige Weg ist. Einmal habe ich aufgrund eines "Lausbubenstreichs" von zwei Schützlingen meine Stimme erhoben. Ich merkte aber schnell, dass dies NICHTS BRINGT.
Das einzige was ich damit erreichte war ein geschocktes Kind und ein Kind, welches mich belächelte.
Keinem hat es etwas gebracht. Das Kind, welches sich schreckte fühlte in diesem Moment wahrscheinlich nichts Gutes und das Andere lachte mich sogar aus. In diesem Fall habe ich falsch reagiert, denn Lösung war das Schreien für keinen der Beiden. Im Nachhinein habe ich nochmal mit den Beiden gesprochen und mich für mein Geschrei entschuldigt. Die Kinder nahmen sie an und konnten dadurch sehen, dass auch Erwachsene Fehler eingestehen.
Das baute Respekt auf.
Außerdem habe ich herausgefunden, dass Schreien nur eines Bringt: Es geht links rein und rechts wieder raus!
Spricht man in normalem Ton und erklärt verständlich was hier die Grenze überschreitet, wird es von den Kindern absolut verstanden.
Einen weiteren Tag später, kam das Kind, welches mich tage zuvor noch auslachte und entschuldigte sich bei mir.